Wenn Volkwagen ein neues Auto entwickelt, ist die Vorgabe an das Entwicklungsteam nicht, ihr müsst dieses spezifische Lenkrad und den spezifischen Lenker einbauen und dann vermarkten wir das. Es so zu machen, ein Auto nach strikt vorgegebenen Regeln zu bauen wäre für Volkswagen ein Desaster. Hingegen ist es ein Prozess, der beginnend mit Marktforschung zunächst einmal definiert, was soll das geplante Auto denn können. Welche Funktion soll das Auto erfüllen. Ist es eher ein sportliches oder ein Familienauto? Wie viele Leute sollen hineinpassen und wie weit soll es mit einer Tankladung nach Möglichkeit fahren können? Diese Kriterien, die sich nach der Funktion orientieren, sind entscheidend und nicht, ob der Chef von VW es mag, wenn der Zylinder einen bestimmten Durchmesser hat.
Bei der Straßenverkehrsplanung läuft es jedoch in etwa so. Es gibt unzählige Regelkataloge und das Straßensystem ist im vorhinein schon gänzlich durchreglementiert bevor auch nur einmal nach den zentralen Funktionen, Verkehrsfluss und Sicherheit gefragt wurde. So kommt es, dass in Deutschland und insbesondere in Hamburg Straßen oft keine eindeutigen Funktionen haben. Straßen die hohen Verkehrsfluss ermöglichen sollten, erlauben das Parken an der Seite und haben ineffiziente Ampeln. Straßen, die lokalen Zugangsverkehr ermöglichen sollen, lassen sich oft auch als Durchgangsstraßen benutzen. Aber den Verkehrsplanungsregeln ist das schließlich egal.
Und wenn sich eine Planungsbehörde doch mal mit einem funktionsorientierten Vorschlag einbringt, gibt es andere Behörden, wie etwa die Straßenverkehrsbehörde, die dann darauf verweist, dass dieses innovativere Kreuzungskonzept ja nicht explizit im Vorschriftenkatalog enthalten sei.
Daher ist von vorneherein klar, dass ein solcher Produktplanungsprozess nicht das gewünschte Ergebnis liefern kann. Die Niederlande, ein Land das mit Hamburg historisch verbunden ist und schon früher die hiesige Infrastruktur wie zum Beispiel die Deiche beeinflusst hat, hat diese Erfahrung eindrucksvoll gemacht. Erst als die Regierung 1994 alle Regeln gestrichen haben und klare Vorgaben nach der Funktionsweise von Straßentypen gemacht haben, hat sich das weltweit einmalig effiziente und sichere Verkehrssystem entwickeln lassen. Es wurden nun die Produktentwickler mit ihren Methoden der iterativen Verbesserung mit der Straßenverkehrsplanung beauftragt. Deutsche Ingenieurskunst kann auch im Straßenverkehr Weltkasse sein, wenn man sie denn machen lässt.