Im Verkehr gewinnen

Hamburg hat die Chance sich im deutschen und europäischen Kontext durch ein exzellentes Verkehrssystem hervorzuheben. Das würde Lebensqualität, Wohlstand und Nachhaltigkeit langfristig sicherstellen. Hamburg hat ein pro Kopf Einkommen, das dem der Niederlande entspricht. Die Qualität des Verkehrssystems in Hamburg läuft dem der Niederlande jedoch weit hinterher. 

Ein modernes Verkehrssystem muss vielen Ansprüchen gerecht werden. Ganz zentral jedoch sollte es Effizienz und Sicherheit bei der Fortbewegung aller Verkehrsteilnehmer ermöglichen. Das Hamburger Verkehrssystem weist in beiden Punkten schwere Defizite auf. Autofahrer:innen kommen auf den Straßen oft nur langsam voran. Fahrradfahrer:innen und Fußgänger:innen können sich ebenfalls nur selten flüssig durch die Stadt bewegen. Gleichzeitig sind Unfall- und Todeszahlen unakzeptabel hoch. 

Die Probleme, die zu einem solch defizitären System geführt haben, sind zugleich verwaltungstechnischer und politischer Natur. Der Verwaltungsprozess für den Bau von Verkehrsinfrastruktur ist komplex, da viele Institutionen involviert sind. Zudem sind zu viele Gesetze und Vorschriften für die Verkehrsplanung in Kraft. Regierende Parteien haben in der Vergangenheit verfehlt ihr politisches Kapital für eine nennenswerte Verbesserung des Verkehrssystems oder des Verwaltungsprozesses zum Bau von Verkehrsinfrastruktur einzusetzen. Ohne eine Korrektur dieser Fehler dürfte es mittelfristig keine wirkliche Verbesserung des Verkehrssystems in Hamburg geben. 

Auf Landesebene sollten alle Gesetze und Vorschriften, die das Verkehrssystem betreffen durch eine simple Reform ersetzt werden: Straßen für hohen Verkehrsfluss und stark verkehrsberuhigte lokale Zugangsstraßen. Diese Formel hat sich in den Niederlanden als überaus erfolgreich erwiesen. Jedoch wird dieses Prinzip in Hamburg besonders häufig missachtet. 

Man bedenke für einen Moment welche weitreichenden Konsequenzen diese simple Regel für Hamburg bei disziplinierter Umsetzung hätte. Autos würden auf Hauptverkehrsstraßen viel flüssiger fahren können und das bei weniger Spuren. Kreuzungen sind in Hamburg häufig gänzlich überflüssig, wenn sie lediglich kleine Straßen mit großen Hauptverkehrsstraßen verbinden. Denn Wohngebiete müssen nicht an jedem möglichen Punkt mit einer Hauptverkehrsstraße verbunden werden. Wenn Kreuzungen unvermeidlich sind, sollte stets das möglichst effizienteste Kreuzungsdesign gewählt werden. Das sind des Öfteren Kreisverkehre in verschiedensten Ausführungen. Weniger Einfahrten in Wohngebiete bedeutet gleichzeitig auch grundsätzlich weniger Verkehr und im besten Falle gar kein Durchgangsverkehr mehr in Wohngebieten. Dies alles erhöht die Sicherheit und die Effizienz des Verkehrssystems für Autofahrer:innen

Diese Strategie setzt also gleichzeitig auch auf das Prinzip Fahrradpolitik ist Autopolitik. Erst wenn die Probleme der Autofahrer weitestgehend gelöst sind, entsteht Platz und Akzeptanz die Verkehrsinfrastruktur massiv für Radfahrende und Fußgänger:innen auszubauen. Hier lassen sich bspw. in der Regel da, wo Spuren wegfallen können Fahrradwege in beide Richtungen auf beiden Seiten installieren. Das verhindert die häufige Notwendigkeit die Straße zu kreuzen und bietet weniger Anreiz kleinere Verstöße zu begehen. Insgesamt ermöglicht ein solches System eine bessere räumliche Trennung von Autos, Fahrrädern und Fußgängern in der Stadt. Das erhöht die Sicherheit.

Auf kleineren Straßen mit nun auch in der Regel geringerem Autovolumen, sollten weniger Ampeln und vermehrt sichere Kreuzungen wie Kreisverkehre mit geschütztem Radweg drumherum gebaut werden, um weiter die Effizienz und die Sicherheit im Verkehr zu erhöhen.  

Diese Veränderungen lassen sich besonders gut mit einem reformierten Prozess implementieren. So sollte es lediglich eine zentrale planende Behörde geben, die in Absprache mit den gewählten Vertretern die Verkehrsplanung ohne den Einfluss von überbordenden Regeln übernimmt. So ließe sich besser mit Hinblick auf die Kriterien Effizienz und Sicherheit planen und bauen. 

Dieses sind nur einige Beispiele, inspiriert durch die weltweit einzigartigen Erfolge in der Verkehrsplanung der Niederlande. Hamburg hat das Potenzial sich in diese Erfolgsgeschichte einzugliedern. Warum nicht?